04. März 2023

Peru. Geschichte und Politik seit 1821

Von Ernst R. Hartmann, Themen Kultur, Gesellschaft und Bildung | Literatur | Nachrichten zur Politik Perus | Newsletter - 16. März 2023

Ein Buch von Michael Hahn

Peru. Geschichte und Politik seit 1821

Michael Hahn, Autor und Herausgeber eines umfangreichen Handbuchs zur Geschichte Perus in drei Bänden bzw. fünf Halbbänden mit insgesamt knapp 2.700 Seiten, hat aufbauend auf dem Material des dritten Bandes „Von der Kolonialzeit ins 21. Jahrhundert“, erschienen 2016, das hier vorliegende Buch „Peru. Geschichte und Politik seit 1821“ verfasst. Es „beschreibt die Geschichte Perus der letzten zwei Jahrhunderte, angefangen bei den Wirren der Unabhängigkeitskämpfe bis hin zur Gegenwart.“

Nach einer Darstellung der geografischen und klimatischen Ausgangslage des Landes schildert Hahn in elf Kapiteln kenntnis- und detailreich die peruanische Geschichte:

 

  • Das Ende der spanischen Kolonialherrschaft (1808 - 1826)
  • Caudillos und Guano (1826 - 1879)
  • Der Pazifikkrieg und das Aufleben des militärischen Caudillismus (1879 - 1894)
  • Die Aristokratische Republik (1895 - 1919)
  • Leguías Elfjahres-Herrschaft (1919 - 1930)
  • Zwischen Diktatur und Demokratie (1930 - 1968)
  • Militärischer Reformismus (1968 - 1980)
  • Ein verlorenes Entwicklungsjahrzehnt (1980 - 1990)
  • Neopopulismus und neoliberale Wende (1990 - 2001)
  • Peru im 21. Jahrhundert (2001 - 2020)
  • Neueste Entwicklungen (ab 2016)

In mehr als zwei Dutzend Kastentexten erhalten Leser*innen zusätzliche Informationen und Denkanstöße zu spezifischen Fragestellungen, zum Beispiel zum Caudillismo, zum Guano-Abbau, zum Ausbau und zur Finanzierung des Eisenbahnnetzes, zur Binnenmigration, zum Indigenismus, zur Verfassung von 1933, zu den Comunidades campesinas bzw. Comunidades nativas und vielen anderen Themen.

Jedes Kapitel schließt mit themenbezogenen Literaturhinweisen ab. Am Ende des Buches findet sich eine übergreifende Bibliografie.

In einem Anhang – Peru in Zahlen –, der über einen Link beim Verlag als Download abgerufen werden kann, steht umfangreiches statistisches Material, einiges aktualisiert bis 2021, zur Verfügung: Geografie, Demografie und Gesellschaft, Wohnen und Haushalte, Regierung und Politik, Wirtschaft, Energie, Militär und Sicherheit. Ein Glossar erläutert Fach- und fremdsprachige Begriffe, ein Personenregister sowie ein Orts- und Sachregister erleichtern während der Lektüre die Suche nach bestimmten Ereignissen.

Tapada 1 Tapada 2
Tapada: Schleier der Limeñas im 18. und 19. Jahrhundert | Zeichnungen von Jacobus Boelen (1835)
Quelle: Peru. Geschichte und Politik seit 1821 (Verlag W. Kohlhammer)

Leser*innen müssen angesichts der Datenfülle und der Informationsdichte nicht befürchten, einem trockenen und einschläfernden Geschichtsunterricht zu begegnen, wie wir ihn bedauerlicherweise aus der Schule kennen (schlimmstenfalls kann ein Abschnitt in den thematisch strukturierten Kapiteln übersprungen werden). Hahn versteht es, politische, ökonomische und militärische Prozesse sowohl in ihrer Verflechtung darzustellen als auch mit sozialen und kulturellen Entwicklungen zu verknüpfen, manchmal bis hinein in die Mode. Wir lernen die technologische Modernisierung des Landes im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts bis in die 1920er Jahre kennen, Reformen im Gesundheits- und Bildungswesen, werden mit der Lebenslage Schwarzer Sklaven und chinesischer Kulis konfrontiert, begegnen den Vorkämpferinnen der Frauenbewegung, erfahren vom Terror des Sendero Luminoso und des Movimiento Revolucionario Túpac Amaru … um schließlich im 21. Jahrhundert anzukommen.

Es sind nicht zuletzt die eingeschobenen Kastentexte, die uns dieses faszinierende Land und seine Menschen auf lebendige Weise näherbringen.

Wenn wir die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in Peru begreifen wollen, die Lage der indigenen Bevölkerung, die Hegemonie der Hauptstadt Lima und der costa, die Korruption, den Hang zu Autoritarismus und Populismus, das brutale Vorgehen der Polizei gegen Demonstranten, wird ein Blick in die Geschichte des Landes hilfreich, mehr noch: notwendig sein. Denn viele der Probleme haben ihre Wurzeln in dieser Geschichte.

Ist nicht sogar der Caudillismo ein strukturelles Muster, das die Geschichte Perus bis heute durchzieht? Bis zur Caudilla Dina Boluarte?

Zum Buch und Autor

Michael Hahn: Peru. Geschichte und Politik seit 1821. Stuttgart 2021. Verlag W. Kohlhammer. 382 Seiten

Michael Hahn, Historiker, Schriftsteller und Volksschullehrer, geboren 1957, Studium und Promotion an der Universität Zürich, Dissertation mit dem Thema „Die Weimarer Republik im Spiegel später Zeitromane“, Autor des Handbuchs zur Geschichte Perus in drei Bänden und eines Reiseführers Peru, mehrere mehrmonatige Aufenthalte in Zentral- und Südamerika.

Zur Peru-Homepage von Michael Hahn.

 

 

Über den Autor

Ernst R. Hartmann

Ernst R. Hartmann

Ernst R. Hartmann, geboren 1950 am linken Niederrhein. Versteht „links“ nicht nur geographisch. Nach Abitur, kaufmännischer Lehre und Ersatzdienst in einem Pflegeheim der Arbeiterwohlfahrt Studium der Mathematik und der Wirtschaftswissenschaften in Aachen und Freiburg i. Br. Arbeitete lange Jahre als Consultant in Einrichtungen des Gesundheitswesens und als Dozent vorwiegend in der Weiterbildung von Pflegekräften.

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