12. Dezember 2014
Greenpeace-Coup in Peru erzeugt kein gutes Klima
Während der Weltklimagipfel in der peruanischen Hauptstadt noch tagt, sorgt Greenpeace für Wirbel im Land. Mitglieder der Organisation drangen in das Gebiet der Nasca-Linien – Bilder mit bis zu mehreren hundert Metern Länge, die von Indios vor über 1.500 Jahren in den Stein- und Sandboden einer Hochebene bei Ica gescharrt wurden – ein, um dort einen Slogan anzubringen, der zum Umdenken beim Ressourcenverbrauch auffordert. Die Umweltschutzvereinigung, die früher mit einer Indianer-Weissagung den Raubbau an der Natur anprangerte, zeigte dabei wenig Einfühlung für das indigene Erbe: Bei der Aktion soll das Monument beschädigt worden sein. Kommentatoren in Zeitungen und sozialen Medien in Peru äußern sich entsetzt, und die Regierung droht den Verursachern hohe Strafen an.
Nach Mitteilung des peruanischen Staatsanwalts Velia Patricia Begazo Villanueva ist ein irreparabler Schaden auf einer Fläche von 1.600 Quadratmetern nahe dem Kolibri-Motiv in dem Nasca-Feld entstanden. Die amtliche Nachrichtenagentur Andina gibt den stellvertretenen Kulturminister Luis Jaime Castillo mit der Aussage wieder, dass die Täter Haftstrafen von bis zu acht Jahren erhalten könnten. Greenpeace selbst versichert, dass man die Scharrbilder nicht versehrt habe, zumal man die Linien nicht berührt habe und für den Schriftzug Buchstaben aus Stoff verwendet wurden.
Generell ist das Betreten des betroffenen Areals untersagt; ausnahmsweise zugelassene Besucher müssen besonderes Schuhwerk tragen, um Abschürfungen des Gesteins, durch die die Bilder unkenntlich gemacht werden könnten, zu vermeiden. Fotos auf dem Journalisten-Portal utera.pe zeigen jedoch Greenpeace-Leute mit Turnschuhen auf dem Gelände.
Greenpeace bedauert inzwischen offiziell die Aktion. Der Chef der internationalen Organisation, Kumi Niadoo, reist dieser Tage nach Peru, um sich zu entschuldigen. Unklar ist, ob sich die etwa 15 Aktivisten noch in Peru aufhalten. Sie stammen aus Argentinien, Brasilien, Chile, Deutschland, Österreich, Italien und Spanien.
In der peruanischen Bevölkerung kommt nicht nur die Zweckentfremdung und eventuelle Beschädigung eines nationalen Kulturdenkmals schlecht an, sondern auch, dass sich die Aktivisten als Vertreter reicherer Länder auf Pressefotos in Szene setzten. Der Vorfall spiegelt in gewisser Weise Grenzen des klimapolitischen Engagements wider: Weniger entwickelte Länder möchten auch in Sachen Umweltschutz von den Industriestaaten nicht willkürlich behandelt werden; und das hehre Ziel der Klimarettung sollte nicht blind machen dafür, dass es noch andere ebenso schützenswerte Güter gibt.
Greenpeace begründet die Auswahl des Orts damit, dass die Nasca-Kultur möglicherweise infolge eines Klimawandels untergegangen sei. Ob dem so war oder nicht (die Ethnologin Doris Kurella nennt in ihrem Buch über die Kulturen und Bauwerke des Alten Peru die Eroberung durch die Huarpa-Huari-Kultur als Ursache für das Ende von Nasca um 600 n. Chr.), heutzutage jedenfalls leidet die Region Ica unter Erwärmung und Dürre. Die peruanische Zeitung La Republica berichtete kürzlich in einer Reportage, dass die Wasserknappheit die Landwirtschaft in der südperuanischen Gegend beeinträchtigt und damit gerade jenen Wirtschaftszweig, der als Exportmotor und somit Alternative zum Bergbau dienen soll.