11. Dezember 2016

Jenny De la Torre: Peruanische Ärztin für Obdachlose in Berlin

Von Gerardo Basurco, Themen Soziale Entwicklung | Entwicklung | Newsletter - 2016 - 12 Dezember

Jenny De la Torre: Peruanische Ärztin für Obdachlose in Berlin

Ihre Kommilitonen an der Universität „San Luis Gonzaga de Ica“ schmunzelten, als sie sagte, sie wolle später als Ärztin teilweise ohne Entlohnung tätig werden. Jenny De la Torre Castro hatte in der südperuanischen Stadt unweit ihrer Geburtsorts Puquio in den 70er Jahren das Medizinstudium aufgenommen, um es ¬– mithilfe eines Stipendiums der damaligen DDR – an der Karl-Marx-Universität in Leipzig fortzusetzen und 1990 ihre Facharztausbildung an der Charité in Berlin zur Kinderchirurgin abzuschließen.

Ihrem Plan, in ihr Heimatland zurückzukehren, um besonders Bedürftige medizinisch zu versorgen, standen aber bürokratischen Hürden entgegen: Die Anerkennung ihres Studiums erwies sich als so schwierig, dass sie sich umentschied. So begann sie stattdessen als Gastärztin in einem Landeskrankenhaus in Salzburg zu arbeiten und anschließend beriet sie Schwangere und Mütter in Not. Seit 1994 praktiziert sie als Ärztin für Obdachlose in Berlin.Damit erfüllte sie sich den Traum, dem Ärmsten der Armen zu helfen ¬– zwar nicht in Peru, aber in Deutschland. Im Interview mit Peru-Vision sagte sie: „Es ist egal, wo wir helfen, wir leben in einer Welt: Wenn es Menschen in einem ihrer Teil besser geht, wird dies der andere Teil auch mitbekommen oder umgekehrt. Die Welt ist wie ein Organismus, geht es einem Teil schlecht, bekommt es der andere Teil auch zu spüren.“

Kleiderkammer 001 

Für diese Arbeit gründete De la Torre 2002 eine Stiftung, mit den Preisgeldern der ihr verliehenen „Goldenen Henne“. Daraufhin rief De la Torre ein Gesundheitszentrum für Obdachlose ins Leben. Ihre Arbeit fand unter Kollegen und in der Gesellschaft Anerkennung. Fachärzte boten ihre Hilfe an und behandeln wohnungslose Patienten in ihrem Spezialgebiet und junge Medizinstudenten und Auszubildenden in medizinischen Berufen besuchen die Einrichtung, um von den Erfahrungen zu lernen. Europaweit wurde das Projekt einer Obdachlosenpraxis zunehmend ernst genommen. 1997 verlieh ihr Bundespräsident Hermann Herzog das Bundesverdienstkreuz für außergewöhnliche Leistungen und der peruanische Staat zeichnete sie im Jahr 2006 mit dem «Großen Verdienstorden des Diplomatischen Dienstes der Republik Peru „José Gregorio Paz Soldán“ aus.

Parallel zur Obdachlosenhilfe lehrt die heute 62-jährige De la Torre in Berlin als Gastdozentin an der Charité und im Bildungszentrum für Pflegeberufe der DRK- Schwesternschaft.

Für ihre Tätigkeit hat sie zudem folgende Ehrungen erhalten:

  • 1997: Ehrenbürgerwürde ihrer Heimatstadt Nazca
  • 2002: Botschafter für das Verbundnetz der Wärme
  • 2002: Goldene Henne
  • 2010: Ehrendoktorwürde der Charité
  • 2011: Charity Award
  • 2013: Louise-Schroeder-Medaille
  • 2015: Carola Gold Preis 2015
  • 2015: Deutscher Stifterpreis 2015

Quelle: Stiftung Jenny De la Torre

Über den Autor

Gerardo Basurco

Gerardo Basurco

Er betätigt sich als Berater und Projektleiter in der Privatwirtschaft und ist Dozent in Entwicklungspolitik und Landeskunde Lateinamerikas für die AIZ/GIZ. Zudem verfügt er über langjährige Erfahrung in der Kooperation zwischen Deutschland und Lateinamerika.
Bei Peru-Vision ist er zuständig für den Bereich Wirtschaft und Politik sowie Consulting.

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