31. Juli 2014
Die Freundschaftsgruppe für Deutschland im peruanischen Kongress
Seit Mitte der 90er Jahre gibt es im peruanischen Parlament, dem Kongress, eine Gruppe von Abgeordneten, die sich der Freundschaft mit Deutschland verschrieben hat. Die „Liga Parlamentaria Amistad Perú-Alemania“ besteht derzeit aus 13 Mitgliedern, darunter die vor wenigen Tagen ernannte Ministerpräsidentin Ana Jara Velásquez, und ihr gehört somit ein Zehntel der insgesamt 130 Volksvertreter an. Geleitet wird die Parlamentariergruppe von dem Kongressabgeordneten Jesús Hurtado Zamudio. Wir befragten ihn zu Aufgaben, Perspektiven und den Beziehungen zu Deutschland.
Sie sind seit dem Beginn der Legislaturperiode im Jahr 2011 Präsident der deutsch-peruanischen Freundschaftsgruppe im Kongress. Auf welchen Gebieten ist die Vereinigung tätig?
Während meiner bisherigen Amtszeit haben wir uns entschieden, der Parlamentariergruppe über ihre protokollarische Funktion hinaus eine proaktive und produktive Rolle zu geben. Wir wollen zu Vertretern für deutsch-peruanische Unternehmer im Kongress werden und deren Initiativen, Fragen und Probleme in die parlamentarische Arbeit einbringen. Hier sehen wir zahlreiche Betätigungsfelder, insbesondere die Einführung der Dualen Ausbildung, die Förderung von Erneuerbaren Energien, Technologietransfer, akademischem Austausch und weitere Kooperationen.
Welches sind Ihre derzeit wichtigsten Vorhaben?
Ich möchte zwei Projekte hervorheben. Das eine ist die Unterstützung der Dualen Ausbildung in technischen Instituten und Hochschulen. Hierfür haben wir zwei Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht, um die rechtlichen Grundlagen der Institute zu ändern und die Einführung der Dualen Ausbildung obligatorisch zu machen. Von den nationalen Wirtschaftsverbänden wie Confiep, SNI, Perucamaras und der Handelskammer Lima wird diese Initiative unterstützt. Leider ist von staatlicher Seite noch keine große Unterstützung signalisiert worden, hier haben wir also noch Überzeugungsarbeit zu leisten. Im Kongress hat sich der Ausschuss für Wissenschaft und Technologie für unser Vorhaben ausgesprochen, eine Stellungsnahme des Ausschusses für Bildung steht noch aus. Zugleich sprechen wir mit den Bildungseinrichtungen und Universitäten im ganzen Land, um bewusst zu machen, dass dieses deutsche Modell nützlich und notwendig ist, um den Mangel an Technikern zu verringern und die Fachkräfte, die wir für unser Wirtschaftswachstum und unsere soziale Entwicklung brauchen, bereitzustellen.
Das zweite herausragende Projekt ist die erfolgreiche soziale Einrichtung namens Diospi Suyana, auch bekannt als „Klinik des Glaubens“. Sie ist vielleicht das modernste Krankenhaus in Südamerika und befindet sich in Curahuasi, einem armen Ort in den Anden. Sie beruht auf Spenden und internationaler Freiwilligenarbeit und bietet den Bedürftigen, die für aufwendige Behandlungen nur zwei Dollar zu bezahlen brauchen, beste Versorgung. Die Klinik wird von dem deutschen Ärztepaar Klaus und Martina John geleitet, mit dem wir zusammenarbeiten, um von Kongressausschüssen oder Regierungsstellen angehört zu werden und bürokratische Hürden bei der Aufnahme von medizinischen Geräten und Personal zu überwinden. In diesem Jahr hat Diospi Suyana eine Grundschule eröffnet, 2015 wird die Sekundarstufe eingeführt. Die Schule hat eine peruanisch-deutsche Leitung. Vor einigen Wochen besuchte der Staatspräsident Diospi Suyana, kurz nachdem Klaus John im Regierungspalast sein Projekt vorgestellt hatte. Kürzlich habe ich ein Buch über die Eheleute John und Diospi Suyana auf der Internationalen Buchmesse FIL in Lima vorgestellt.
Mit welchen weiteren Personen und Institutionen aus Deutschland arbeiten Sie zusammen?
Es besteht eine enge Freundschaft mit dem deutschen Botschafter in Peru, Joachim Christoph Schmillen. Er hat gerade die drei Jahre seiner diplomatischen Tätigkeit in unseren Land abgeschlossen und viel für die Stärkung der Beziehungen erreicht, weshalb wir ihm die Ehrenauszeichnung des peruanischen Kongresses überreicht haben. Mit ihm haben wir wichtige Politiker- und Unternehmerdelegationen empfangen wie beispielsweise die der Staatssekretäre des Bundesbauministeriums und des Bundesbildungsministeriums, Rainer Bomba und Helge Braun. Ich hoffe, wir werden mit dem neuen Botschafter ein ähnlich gutes Verhältnis haben.
Ein anderer bedeutender Partner in unser Arbeit ist die Deutsch-Peruanische Handelskammer, mit ihrem Präsidenten Bernd Schmidt und ihrem Geschäftsführer Jörg Zehnle. Uns verbindet eine tiefe Freundschaft. Mit ihnen und der Vertretung Bayerns in Peru haben wir die stellvertretende bayerische Wirtschaftsministerin Katja Hessel und Unternehmer empfangen. Gemeinsam mit der deutschen Handelskammer haben wir außerdem Vertreter deutscher Unternehmen für Erneuerbare Energie (Clúster Alemán de Energías Renovables) in den Kongress eingeladen. In der Folge schafften wir es, die Förderung von Energieeffizienz und -nachhaltigkeit als einen Grundsatz für die Energiesicherheit des Landes gesetzlich zu verankern, aber hier gibt es noch viel zu tun.
Bei der Einführung der Dualen Ausbildung im peruanischen Bildungssystems ist die Zusammenarbeit mit der deutschen Handelskammer ebenfalls wichtig; sie vergibt entsprechende Zertifikate, sie hat das Berufsbildungszentrum Alexander von Humboldt vorangebracht und die Umsetzung des Modells beim peruanischen Exportverband Adex begleitet. Mit der Kammer besuchen wir Bildungseinrichtungen im ganzen Land. Auf die Weise haben wir kürzlich mit der Regionalregierung von Piura Maßnahmen für die Duale Ausbildung vereinbart. In Verbindung sind wir auch mit dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), der Initiative „Alemania en Perú“, dem Verein „Alumni Alemania“, der Hanns-Seidel-Stiftung und weiteren Personen und Einrichtungen.
Schauen wir in die Zukunft. Von welchen Themen wünschen Sie sich, dass sie in den peruanisch-deutschen Beziehungen mehr Gewicht bekommen?
Es gibt Potential für mehr Investitionen und Handel zwischen Peru und Deutschland, aber damit diese nachhaltig sind, muss man die Maßnahmen in Bildung, Forschung und Kultur verstärken. Beide Seiten sollten kooperieren, um das peruanische Bildungs- und Forschungssystem zu verbessern und generell den Kulturaustausch zu intensivieren, um das Beste voneinander zu übernehmen, wie den Wert der Erkenntnis, der Arbeit und die Suche nach Exzellenz. - Übrigens, seit dem Ausgang der Fußball-Weltmeisterschaft überlegen wir ernsthaft, bei der Kooperation mit Deutschland die Fußballtechnik einzubeziehen.
Auf welchen Gebieten könnten sich deutsche Unternehmen oder Organisationen stärker in Peru engagieren?
Peru bietet Investitionsmöglichkeiten in viele Bereichen. Unsere landschaftliche Vielfalt birgt ein großes Potential, den biologischen Reichtum und Rohstoffe zu erforschen und nachhaltig zu nutzen. So gibt es etwa im Urwald der Provinz Satipo zahlreiche Höhlen und Wasserfälle, die dem dortigen Nationalpark Otishi eine enorme Vielfalt von Arten und Ökosystemen bescheren. Hier wäre es von höchster Wichtigkeit, das Gebiet zu untersuchen und zu schützen; man könnte dort das beste biologische Labor der Welt einrichten. Gleichzeitig wird ganz in der Nähe ein großes Erdgasvorkommen erforscht. Die verträgliche Nutzung beider Bereiche ist eine Herausforderung, die beispielsweise mit deutscher Technologie gemeistert werden könnte.
Die geographische Vielfalt bringt auch Investitionsmöglichkeiten in der Agrarwirtschaft, bei Erneuerbaren Energien, in der Fischerei und im Bergbau mit sich. Ich verweise hier auf das gerade abgeschlossene Rohstoffabkommen zwischen Deutschland und Peru, das die Zusammenarbeit für Unternehmen und Forschungseinrichtungen beider Länder erleichtert. Peru ist ja einer der weltgrößten Produzenten von Silber und Kupfer, und Rohstoffe machen die Hälfe unser Exporte aus. Auf der letzten Perumin, der zweitgrößten Bergbaumesse in Amerika, nahmen 40 deutsche Unternehmen teil – so viele wie noch nie.
Aber die Landschaftsvielfalt erfordert auch eine gute Infrastruktur, um Transportkosten zu senken und Produktion, Tourismus und Handel wettbewerbsfähig zu machen. Vor diesem Hintergrund sind in den drei Monaten der neue Flughafen für Cusco, der Hafen in Pisco, die Gaspipeline nach Südperu und die zweite Metrolinie in Lima für über sechs Milliarden US-Dollar in Auftrag gegeben worden. Demnächst werden Machbarkeitsstudien für einen 23 Kilometer langen und zwei Milliarden US-Dollar teuren Eisenbahntunnel durch die Anden in Zentralperu (Túnel Trasandino del Centro) ausgeschrieben. Außerdem gibt es Vorstudien für drei Straßenprojekte über 597 Millionen US-Dollar zur Entlastung der „Carretera Central“, und in Jauja soll der Flughafen für 27 Millionen US-Dollar modernisiert werden, ebenso die Regionalflughägen in Huánuco und Jaén. Außerdem steht die Auftragsvergabe für die dritte Metrolinie in Lima an.
Wegen seiner geographischen Lage strebt Peru an, der Umschlagplatz für den Handel mit Asien-Pazifik zu werden. Deutschland könnte sich an Investitionen beteiligen, die diesem Ziel dienen. Die Investitionen in den Flughafen von Lima unter Federführung der Fraport AG zeigen, dass so etwas möglich und profitabel ist.
Was verbindet Sie persönlich mit Deutschland?
Das erste Mal war ich 1986 in Deutschland, um Freunde zu besuchen. Später kam ich dorthin, um einen theologischen Abschluss (Missionswissenschaft) zu machen. Ich lebte, studierte und arbeitete also mehrere Jahre in Deutschland. Meine Kinder sind dort aufgewachsen und haben dort studiert. Meine Tochter mit ihrem deutschen Mann und ihren Kindern lebt heute in Deutschland. Ich komme regelmäßig zusammen mit meiner Frau zu Besuch, um die Familie und Freunde zu sehen und um mich in akademischen und christlichen Kreisen auszutauschen.
Was hat Sie bei Ihrem ersten Aufenthalt in Deutschland am meisten überrascht?
Am meisten überraschte mich, dass ich auf dem Weg von meiner Wohnung zum Seminar mehr als hundert Mal auf das Wort „VERBOTEN“ stieß. Von einem „freien“ Land, wo man bei roter Ampel nicht anhalten musste, bin ich in ein Land geraten, in dem alles verboten ist, dachte ich. Es war ein ziemlich heftiger Schock, denn ich kam aus Peru, einer bis heute wenig geregelten Gesellschaft. Aber ich begriff und verinnerlichte bald die Vorzüge der deutschen Gesellschaft mit ihrer guten Ausschilderung und Organisation, die mit ihren Vorkehrungen in allen Bereichen Sicherheit schafft. Dies zeigt sich auch jetzt in der Stabilität Deutschlands inmitten der immer noch andauernden globalen Krise.
Der Kongressabgeordnete Jesús Hurtado Zamudio. Kontakt: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, www.facebook.com/jesushurtadoz, twitter.com/jesushurtadoz