27. Febrero 2016
Bolivia reúne socios para el ferrocarril continental
Politisch sind sich Brasilien, Bolivien und Peru einig in der Absicht, die Planungen für eine etwa 3.500 Kilometer lange Eisenbahnstrecke vom Atlantikhafen Santos bei São Paulo über die zentralbolivianische Stadt Santa Cruz bis hin zur südperuanischen Hafenstadt Ilo voranzutreiben. Brasiliens Regierung erklärte Anfang Februar seine Untertsützung, nachdem sich die Präsidenten Boliviens und Perus auf einem Treffen Ende Januar über das Vorhaben verständigt hatten. Die Idee für eine Transkontinentalbahn existiert schon länger; als China, das eine Güterbahn vom Pazifik ins Innere des Kontinents für sein Südamerikageschäft gut gebrauchen kann, im vorletzten Jahr begann, mit Brasilien und Peru ein solches Projekt abzustecken, fürchtete Bolivien, im Wortsinne umgangen zu werden: Skizziert wurde eine Trasse, die nördlich an dem Land vorbei von Brasilien direkt nach Peru und dessen Küste führt.
Die Regierung in La Paz setzte alles daran, die beiden Nachbarn zu einem anderen Streckenverlauf, nämlich über bolivianisches Gebiet, zu bewegen – offenbar nun mit Erfolg. Zugleich sprach Boliviens Präsident Evo Morales mit Deutschland über eine technische und finanzielle Beteiligung an dem schätzungsweise 10 Milliarden US-Dollar teuren Bauwerk (wir berichteten). Mitte Januar reiste der Staaatssekretär im Bundesverkehrsministerium Rainer Bomba mit Vertretern von etwa 20 Unternehmen nach Bolivien, darunter die Schweizer Bahnbau- und -technikfirmen Molinari, Schwihag, Walo Bertschinger, ErvonCom (Transportkommunikation) und BÄR Bahnsicherung sowie die Deutsche Bahn, Siemens, K-Utec Salt Technologies, Aerodata, Drägerwerk, Enercom (Windanlagen) und die KfW-Bank. Nicht alle diese Unternehmen haben mit dem bi-ozeanischen Bahnprojekt zu tun, dann bei der Visite ging es auch um Großaufträge für Rohstoff- und Energieanlagen für 1 Milliarde US-Dollar und einen 750 Millionen US-Dollar teuren Nahverkehrzug in Santa Cruz. Was die Kontinentalbahn angeht, unterschrieben Firmenchef Michel Molinari und Boliviens Bauminister Milton Claros eine Absichtserklärung, das Projekt weiterzufolgen. Zudem unterzeichneten Bomba und Claros eine Erklärung, künftig beim Ausbau des Transportwesens kooperieren zu wollen.
Mögliche deutsche Beiträge
Offenbar blieb es bei diesen noch vagen Vereinbarungen. Das Bundesverkehrsministerium in Berlin kann jedenfalls auf Nachfrage keine weiteren Ergebnisse des Bolivienbesuchs nennen. Gleichwohl äußerte sich Bomba, der auch mit Perus stellvertretendem Verkehrsminister zusammenkommen war, Mitte Februar auf einer Veranstaltung der Logistic Alliance Germany zuversichtlich: Bei dem Vorhaben sei man "bevorzugter Partner im Bereich Bauen, Planen und vor allem Hochtechnologie für die Bolivianer und Peruaner". Demnächst werde man auch in Brasilien Verhandlungen führen. Dass Präsidentin Rousseff der Verbindung über Boliven zugestimmt hat, bezeichnete er als einen "Durchbruch". In einem Interview mit der bolivianischen Zeitung La Razon nannte der Politiker als mögliche Beiträge der deutschen und schweizerischen Unternehmen Trassenplanung, Schienenverlegung, Sicherheits- und Signaltechnik sowie den Bau der Stationen und Fahrzeuge. Finanziell biete man eine Unterstützung aus privaten und öffentlichen Geldern an. In Abgrenzung zu China, das üblicherweise eigene Arbeiter zu Großprojekten ins Ausland entsendet, betonte Bomba, dass man für Arbeitsplätze und Ausbildung im Land sorgen wolle.
Trotzdem ist nicht gesagt, dass China bei dem Projekt, sollte die Variante über Bolivien kommen, außen vor wäre. Zum einen stehen die Asiaten mit Peru schon länger im Kontakt wegen des Hafenausbaus in Ilo und dessen Hinterlandbahnen (wir berichteten). Zum anderen ist nach Angaben der bolivianischen Regierung die chinesische Entwicklungsbank CDB interesisert. Im März wird eine Delegation aus China in Bolivien erwartet. (Quellen: La Razon, Planungsministerium Bolivien 1, Planungsministerium 2, Kommunikationsministerium Bolivien.)
Der mögliche Streckenverlauf einer Eisenbahn vom Atlantik zum Pazifik, offiziell Corredor Ferroviario Bioceánico Central (CFBC) genannt. In Brasilien existieren bereits Schienenwege von Santos bis zum bolivianischen Grenzort Puerto Suarez. Von dort führt eine alte Bahn bis Santa Cruz. Die Lücke zur Endhaltestelle Oruro im Andennetz müsste durch Neubau geschlossen werden. Dabei wären Höhenunterschiede von zweitausend Meter zu überwinden, wofür Zahnradbahnen, wie sie die Schweizer Firma Stadler herstellt, infrage kämen. In Peru besteht auf der Hälfte der vorgesehen Linie eine Trasse, aber auch diese müsste so wie Abschnitte in Bolivien und Brasilien ertüchtigt werden (siehe unten). (Grafiken: Bauministerium Bolivien/Boliviens Botschaft in Peru)