05. August 2013
U-Bahnen, Mautsysteme, nachhaltiger Städtebau - deutsches Know-how in Peru gefragt
Der zunehmende Verkehr in Lima und anderen Großstädten Perus, deren Straßen ohnehin schon überlastet sind, erfordert den Ausbau von Bahn- und Buslinien und die Einführung von Leitsystemen. An Lösungen deutscher Firmen ist die peruanische Regierung sehr interessiert, wie dem Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Rainer Bomba, bei seinem jüngsten Besuch im Land versichert wurde. Zudem soll die deutsch-peruanische Zusammenarbeit im Bereich der Stadtentwicklung vertieft werden.
Um die "Infrastrukturlücke" zu schließen, sieht die Regierung eine Reihe von Verkehrsprojekten vor, von denen das geplante Metro-Netz im Lima das prominenteste ist.
Nachdem das erste Teilstück der Linie 1 Anfang 2012 in Betrieb ging, soll deren 900 Mio. US-Dollar teure Verlängerung im April 2014 fertiggestellt werden. Vorher, voraussichtlich im Dezember dieses Jahres, wird der Auftrag für die unterirdische Linie 2 vergeben, sodass der Bau im kommenden Jahr beginnen kann.
Wie der stellvertretende peruanische Verkehrsminister, Alejando Chang, im Gespräch mit Bomba sagte, soll die Ausschreibung der U-Bahnlinien 3 und 4 noch im laufenden Jahr starten. Man hoffe, dass sich auch deutsche Firmen beteiligen werden – sei es als Konzessionäre oder im Rahmen von Konsortien oder als deren Lieferanten.
Was den Bau dieser Linien angeht, gibt es allerdings noch Meinungsverschiedenheiten mit Planungsexperten der Stadt Lima. So hält es der Präsident von Protransporte, Gustavo Guerra, für fraglich, ob nach der Linie 2 drei weitere U-Bahn-Linien mit einem Kostenvolumen von 30 Mrd. US-Dollar wirklich benötigt werden. Derzeit arbeiten die städtischen Vertreter an einem Masterplan zur Stadtentwicklung (Plan de Desarollo Metropolitano) und erwägen hierbei Tunnelbauprojekte zur besseren Anbindung entfernterer Stadtteile an das Verkehrsnetz von Lima. In der Zentralregierung gibt es überdies Überlegungen, im Ballungsraum von Lima Nahverkehrszüge einzurichten, die mit dem Metronetz verbunden werden.
Abgesehen von dem U-Bahn-Netz setzt die Stadtverwaltung auf den Ausbau von Schnellstraßen, Buslinien und Seilbahnen. Bei einem Treffen zwischen Bomba und Vertretern der Stadt ging es außerdem um den Ausbau integrierter Ampelsysteme und -schaltungen (semaforización) sowie die Einführung von elektronischer Mauterhebung (fiscalización electronica). An Systemen zur automatischen Erhebung von Straßenbenutzungsgebühren ist insbesondere die peruanische Zentralregierung interessiert, wie in der Unterredung zwischen Bomba und Chang deutlich wurde. Gesprochen wurde hierbei auch über das vom Bundesverkehrsministerium mitentwickelte Konzept der "Intelligenten Straße".
Deutsche Handelskammer plant Zweigstelle in Arequipa
Der peruanischen Regierung geht es aber nicht nur um städtische Verkehrsprojekte in Lima. Vorhaben in anderen Städten wie Piura und Chiclayo will das Verkehrsministerium verstärkt angehen. Die zweitgrößte Stadt des Landes, Arequipa, könnte für deutschen Unternehmen künftig eine größere Rolle spielen. Dort will die in Lima ansässige deutsche Auslandshandelskammer eine Außenstelle gründen. Zugleich benötigt die Stadt, in deren Großraum fast eine Millionen Menschen leben, Unterstützung bei der Entwicklung von Infrastruktur. Wie Regionalpräsident Juan Manuel Guillén Benavides im Gespräch mit Bomba erläuterte, hat der Zuzug aus den Regionen Cusco und Puno zu unkontrollierten Ansiedlungen und auch illegalen Landbesetzungen an der städtischen Peripherie geführt. Die Einwanderung sei unter anderem deswegen so hoch, weil Arequipa das Wirtschaftswachstum Perus um zwei Prozentpunkte übertrifft. Die Schaffung von Infrastruktur in den Bereichen Transport, Wasserversorgung- und -entsorgung sowie Energieversorgung halte mit dem rasanten Bevölkerungswachstum nicht Schritt. Zwischen 60 und 70 Prozent der gegenwärtigen Einwohner seien erst in den letzten Jahren aus den genannten Regionen zugewandert.
Vertiefte Zusammenarbeit bei Stadtentwicklung und Bauen
In Fragen der Stadtentwicklung und des Wohnungsbaus wollen Deutschland und Peru künftig stärker zusammenarbeiten. Staatssekretär Bomba und der peruanische Minister für Wohnungsbau, Rene Cornejo Díaz, unterzeichneten eine entsprechende Absichtserklärung, die zunächst auf fünf Jahre angelegt ist. Vorgesehen ist der Erfahrungsaustausch in folgenden Bereichen: nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, Schaffung öffentlicher Verkehrsräume für Fußgänger und Radfahrer, Förderung des Bewusstseins der Bürger für ihre Städte, Stärkung von Planung und Stadtmanagement, Schaffung von städtischen Baugebieten und Rückgewinnung bestehender Baugebiete, öffentlich-private Finanzierung von Diensten, Infrastruktur und Stadtmobilar, Herstellung günstiger Sozialwohnungen sowie photovoltaische und solarthermische Stromerzeugung in Häusern. Neben dem reinen Informationsaustausch wollen beide Seiten auch Symposien, Expertentreffen und Ausstellungen zu diesen Themen veranstalten.