• Home
  • Nachrichten
  • Politik
  • Die Partei des flüchtigen Vladimir Cerrón und Keiko Fujimori bereiten sich auf die Wahlen 2026 vor.

16. November 2025

Die Partei des flüchtigen Vladimir Cerrón und Keiko Fujimori bereiten sich auf die Wahlen 2026 vor.

Von Fernando Tuesta Soldevilla, Gerardo Basurco, Themen Peruanische Innenpolitik | Nachrichten zur Politik Perus

Wahlkampagne in Peru

Dina Boluarte bei der Vereidigung im Kongress, Quelle: Reuters

Peru-Vision bedankt sich bei Fernando Tuesta Soldevilla für die Genehmigung folgende Artikel (Erstveröffentlichung bei Blog Tuesta am 03.11.  und am 10.11.2025) in Peru-Vision.com zu veröffentlichen.

Im ersten Artikel geht Tuesta Soldevilla auf den Gründer der Partei "Peru Libre" ,Vladimir Cerrón ein. Einst versprach diesePartei Freiheit und Gerechtigkeit. Heute steht die Bewegung für Chaos, Machtspiele und einen flüchtigen Anführer. Die Geschichte eines politischen Traums, der in Rekordzeit zum Albtraum wurde.

Im zweiten Artikel befasst sich Tuesta mit Keiko Fujimori, der Tochter des eins allmächtigen Diktators Alberto Fujimori. Frau Fujimori wagt nach drei Niederlagen den vierten Anlauf auf das Präsidentenamt. Was motiviert diese beispiellose Ausdauer und wie wirkt sich das Erbe der Fujimoris auf Perus Politik aus? Der folgende Beitrag beleuchtet die Chancen und Risiken der "Keiko 4.0".

Beide Parteien treten bei den im April nächsten Jahres stattfindenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen an.

Peru Libre: Vom Hoffnungsträger zur politischen Bürde

Ein Sieg aus Zufall

Im Jahr 2021 galt "Perú Libre" als politische Sensation: eine Partei aus der Provinz, die mit einem Lehrer und Gewerkschafter an der Spitze das Establishment aufmischte. Pedro Castillo wurde Präsident, Dina Boluarte seine Vize, und Vladimir Cerrón, der Strippenzieher im Hintergrund, feierte sich als Architekt des Erfolgs.
Doch der Triumph war weniger das Ergebnis einer starken Bewegung als vielmehr ein glücklicher Zufall. Nach den Wahlniederlagen 2016, 2018 und 2020 schien Perú Libre am Ende. Erst Castillos populistische Kampagne und der Wunsch vieler Peruaner nach politischem Wandel machten den Erfolg möglich.

Kaum an der Macht, entpuppte sich die neue Regierung als chaotisches Bündnis widersprüchlicher Interessen – und die anfängliche Hoffnung zerfiel in Rekordzeit.

Linke Rhetorik, rechte Allianzen

Nach außen gab sich "Perú Libre" als marxistisch-leninistische Bewegung, als Stimme der armen Landbevölkerung. Doch in der Praxis pflegte die Partei enge Verbindungen zur Rechten – ein pragmatisches, oft zynisches Machtspiel.
Cerrón und seine Gefolgsleute verkörperten jene altkommunistische Schule, die wirtschaftlich an Osteuropa erinnert und gesellschaftlich konservativ bleibt. Ihre Politik war weniger Ideologie als Selbstzweck. 2018 stellte die Partei den umstrittenen Medienunternehmer Ricardo Belmont als Bürgermeisterkandidaten für Lima auf; 2021 folgte Castillo, einst Mitglied der liberaleren Partei "Peru Posible". Die ideologische Linie: flexibel, solange sie Stimmen bringt.

Vom Massenphänomen zur Minipartei

Heute ist von der einst siegreichen Bewegung kaum mehr etwas übrig. Von den 37 Abgeordneten, die 2021 ins Parlament einzogen, sind nur elf geblieben. Dennoch erhält "Perú Libre" weiterhin die höchste staatliche Parteienfinanzierung des Landes – über zehn Millionen Soles für fünf Jahre.

Verwaltet wird das Geld von Vladimir Cerrón selbst, dessen Organisation längst zu einem familiären Zirkel geschrumpft ist. Sein Bruder Waldemar tritt regelmäßig mit populistischen Gesetzesvorschlägen hervor – etwa zur Gründung Dutzender neuer Universitäten. Politisches Profil: dünn, aber laut.

Ein flüchtiger Kandidat mit Einfluss

Obwohl Cerrón derzeit auf der Flucht vor der Justiz ist, wird er voraussichtlich erneut kandidieren dürfen. Politisch geschickt hielt er seine Macht aufrecht – zunächst durch Posten im Kabinett Castillo, später durch Einfluss im Parlament unter Präsidentin Dina Boluarte. Dort schwächte er Institutionen wie die Volksanwaltschaft und sicherte sich selbst juristischen Schutz.
Doch diesmal stehen die Zeichen schlecht. Die Partei hat offene Rechnungen, ihre Glaubwürdigkeit ist dahin. Und niemand wird Cerrón für die vergangenen Jahre danken – im Gegenteil: Das politische Chaos dieses Fünfjahreszeitraums wird ihm und seiner Partei angelastet werden.

Fazit: Das Ende einer Illusion

"Perú Libre" versprach einst den politischen Neuanfang – und hinterließ stattdessen Ernüchterung. Aus der Hoffnung auf soziale Gerechtigkeit wurde ein Lehrstück über Machtmissbrauch, Populismus und politische Kurzsichtigkeit.
Vladimir Cerrón bleibt das Symbol dieses Widerspruchs: ein flüchtiger Parteichef, der von Freiheit spricht, während seine Bewegung im eigenen Netz aus Ideologie, Macht und Pragmatismus gefangen ist.

Die ewige Zweite – warum Keiko Fujimori nicht aufgibt

estabilidad con legitimidadDie Familie Fujimori - Alberto und Keiko - besitzt eine Wahlanziehungskraft, die kein anderer fujimoristischer Kandidat bisher erreichen konnte. Nach drei Niederlagen steht Keiko Fujimori nun vor einem vierten Anlauf auf das Präsidentenamt. Kritiker sprechen vom kontinuierlichen Abbau und vom "Antikeikismus", Unterstützer dagegen vom Triumph der Ausdauer und Erfahrung.
Vergleiche aus anderen Ländern zeigen, dass Beharrlichkeit nicht immer belohnt wird. Während Marco Enríquez-Ominami in Chile und Álvaro Noboa in Ecuador fünfmal vergeblich kandidierten, triumphierten politische Veteranen wie Prabowo Subianto (Indonesien) und Kim Dae-jung (Südkorea) im vierten Versuch — genauso wie Abdoulaye Wade in Senegal. Auffällig: Keiko Fujimori belegte auf nationaler Ebene stets den zweiten Platz.

Die Fujimori-Dynastie prägt den Wahlkampf

"Fuerza Popular" ist keine klassische Partei, sondern eine dynastische Organisation: Ohne den Namen Fujimori fehlt jeder Kandidatur die nötige Zugkraft. Historisch gesehen ist das Event-potential der Familie unübertroffen. Deshalb versucht Keiko immer wieder, das politische Erbe ihres Vaters, Alberto Fujimori, neu zu mobilisieren.

Zwischen politischem Kapital und Schatten der Vergangenheit

Keikos Kapital ist eng mit der Ära ihres Vaters verknüpft. Anders als Alberto Fujimori hat sie einen stabilen Parteiapparat geschaffen, der seit 2017 über 24 Millionen Soles aus öffentlichen und privaten Quellen erhielt. Diese Ressourcen und die große Erfahrung machen sie zur wichtigsten Politikerin ihrer Generation. Doch die Vergangenheit hat Schattenseiten: Negative Erinnerungen an das ältere Fujimori-Regime prägen das Bild ebenso wie persönliche Angriffe und Vorwürfe – etwa ihre Rolle bei der politischen Instabilität der letzten Dekade.

Die Macht der Maschinen, der Makel der Niederlagen

Mit einer breiten Parteimaschinerie sammelte Keiko in den ersten drei Anläufen 23%, 40% und 13% der Stimmen. Trotzdem konnte sie in jüngster Zeit weder regionale Regierungen noch Provinz-Alcaldías gewinnen. Als Hauptstütze der umstrittenen Regierung von Dina Boluarte steht sie zudem in der Kritik.

Was bringt die Zukunft für Keiko Fujimori?

Das politische Feld ist zersplittert, doch Keiko könnte es erneut in die Stichwahl schaffen. Ihr Vorteil liegt in der Geschlossenheit der Partei und ihrer Dominanz im Kongress – besonders mit Blick auf den künftigen Senat. Ob sie am Ende doch siegt oder erneut verliert: Ihre Bedeutung für die politische Landschaft bleibt bestehen. Letztlich entscheidet der Wähler, ob sich das Szenario "verlieren und trotzdem gewinnen" wiederholt.

Quelle: Blog PUCP1 und Blog PUCP2

Über den Autor

Fernando Tuesta Soldevilla

Fernando Tuesta Soldevilla

Promotion in Sozialwissenschaften an der Universidad Mayor de San Marcos. Master-Abschluss in Soziologie an der Pontificia Universidad Católica del Perú (PUCP). Promotionsstudium der Politikwissenschaft an der Universität Heidelberg. Dozent für Politikwissenschaft an der PUCP. Er war Leiter des Nationalen Büros für Wahlprozesse (ONPE), Direktor des Instituts für öffentliche Meinung der PUCP, Mitglied der Beratenden Kommission der Verfassungskommission des Kongresses und Vorsitzender der Hochrangigen Kommission für politische Reformen (2019). Er war Leiter der OAS-Beobachtungsmission in Mexiko (2022). Er hat 13 Bücher und mehrere Kapitel in Büchern und Fachzeitschriften verfasst. Er ist internationaler Berater und hat eine Meinungskolumne in der Zeitung El Comercio.

Gerardo Basurco

Gerardo Basurco

Er betätigt sich als Berater und Projektleiter in der Privatwirtschaft und ist Dozent in Entwicklungspolitik und Landeskunde Lateinamerikas für die AIZ/GIZ. Zudem verfügt er über langjährige Erfahrung in der Kooperation zwischen Deutschland und Lateinamerika.
Bei Peru-Vision ist er zuständig für den Bereich Wirtschaft und Politik sowie Consulting.

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.