05. Oktober 2015

Tasting The Road: Eine deutsch-peruanische Agentur für Radtouren rund um Cusco

Von Richard Meier - Freier Mitarbeiter, Themen Nachrichten zum Tourismus in Peru | Nachrichten zur peruanischen Gastronomie | Newsletter - 2015 - 10 Oktober

Tasting The Road: Eine deutsch-peruanische Agentur für Radtouren rund um Cusco

Inka-Trail, Reisebus oder Anden-Eisenbahn – dies sind die bekannten Wege und Mittel für Touristen, das Herzland der Inka zu durchqueren. Doch es geht auch anders. Der aus Potsdam stammende Steffen Kiesling und seine peruanische Freundin Maria Kathia Coello organisieren Fahrradtouren in Cusco und Umgebung. Im Programm haben sie leichte bis mittlere Mountainbike- und Downhill-Strecken, Rennradtouren sowie nach individuellen Gästewünschen ausgesuchte Routen, verbunden mit dem Genuss original peruanischer Speisen und Getränke. „Tasting The Road“ nennt sich ihr Unternehmen dem entsprechend.

Angefangen hat alles fernab von Peru im Zusammenhang mit einem ganz anderem Verkehrsmittel: Die beiden lernten sich vor vier Jahren bei der Arbeit auf einem Kreuzfahrtschiff kennen. Allerdings konnten sie immer dann, wenn das Schiff im Hafen lag, ihrer gemeinsamen Begeisterung fürs Radfahren freien Lauf lassen und die umliegenden Landschaften in Italien, Spanien, Frankreich oder auf Karibikinseln auskundschaften. „Nach ein paar Jahren Arbeit auf Schiffen wollten wir gern etwas Eigenes machen“, erzählt Steffen Kiesling. Seine Partnerin, die neben dem Radfahren mit Leidenschaft landestypische Gerichte kocht, hatte schon seit längerem die Idee im Kopf, professionell geführte Radtouren mit dem Erlebnis peruanischen Essens zu verbinden, zumal es bis dato in ihrem Land noch keinen Spezialanbieter für Radtourismus gab. Früher hatte die gelernte Hotelmanagerin schon als Reiseleiterin und Bike-Guide für andere Tourismusagenturen in Cusco gearbeitet. So entschloss sich das Paar Ende 2012, die Idee in die Tat umzusetzen.

Maria Steffen Tasting The RoadFahrradbegeisterte Gründer: Maria Kathia Coello & Steffen Kiesling

„Die Gründung einer Agentur hier in Peru ist grundsätzlich nicht wirklich kompliziert, das Unternehmen zum Laufen zu bringen schon eher“, sagt Steffen Kiesling. Nötig waren zunächst die Anmeldung beim Finanzamt, die Registrierung der Firma mit Namen und Steuernummer und das Startkapital, um Fahrräder, Ausrüstung und Büroausstattung anzuschaffen. Da die Buchungen hauptsächlich übers Internet laufen, wurde außerdem eine gut gestaltete Webseite und eine Präsenz auf Seiten wie Trip Advisor benötigt. „Bei meinem ersten Besuch in Peru Anfang 2013 kauften wir also sechs Mountainbikes, kreierten unsere Webseite, druckten Flyer und versuchten, viele Kontakte zu knüpfen und Werbung zu machen“, erläutert der Potsdamer. Danach ist er noch einmal für sechs Monate aufs Schiff gegangen, um ein finanzielles Polster zu erarbeiten. Ende 2013 kehrte er aus Miami zurück, im Gepäck vier Koffer und vier große Kartons mit Rennrädern, die er in Europa gekauft hatte. Partnerin Maria hatte sich inzwischen in Cusco um die vielen Formalitäten gekümmert, an der Webseite gearbeitet, die ersten Touren mit Freunden und Bekannten ausprobiert und die Neugründung in der Stadt bekannt gemacht.

Mehr als 70 Gäste in diesem Jahr

Heute, fast zwei Jahre später, arbeitet die Firma mit fünf bis acht Leuten. Engagiert wurden eine Fachkraft für Buchhaltung und Steuerberatung, ein Firmenanwalt sowie mehrere Fahrer, welche je nach Bedarf gebucht werden – je größer die Gästegruppe, desto mehr kommen aus Sicherheitsgründen mit. Im laufenden Jahr begleitete Tasting The Road etwa 70 Radler durch Cusco und die Region; für November hat sich eine neunköpfige Gruppe aus Deutschland angemeldet. Insgesamt kommen die meisten Gäste aus den USA, Kanada und Europa; etwa sechs Prozent aus der Bundesrepublik. Die beginnende Zusammenarbeit mit hiesigen Reiseveranstaltern soll diesen Anteil erhöhen. „Außerdem möchten wir gern so bald wie möglich mit einem deutschen Radhersteller, beispielsweise Cube, Canyon oder Focus, als Lieferant zusammenarbeiten“, sagt Steffen Kiesling.

Er beschreibt seine Zielgruppe als Menschen, „die Spaß am Radfahren haben und dieses wunderschöne Land abseits des Massentourismus per Rad erkunden möchten“. Was Peru für Radtouristen so attraktiv mache, sei die einzigartige Mischung aus sportlicher Herausforderung – die Exkursionen verlaufen immerhin auf Höhen von 2.500 bis zu 4.700 Metern –, atemberaubenden Landschaften, exotischer Tier- und Pflanzenwelt, interessanten antiken Kulturen und deren Einflüssen bis in die Gegenwart sowie kulinarischen Köstlichkeiten aus dem landwirtschaftlichen Reichtum eines Landes, welches so gut wie alle Mikroklimas dieser Welt vereint. 

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Was bei Sport in Höhenlagen hilft

Die Reise ins Hochland bedeutet allerdings auch eine große Umstellung für den Körper, weil man mit jedem Atemzug nur zirka 60 Prozent des Sauerstoffs bekommt, den man aus dem Flachland gewohnt ist. „Manche Gäste spüren es sofort nach ihrer Ankunft, manche erst nach zwei oder drei Tagen, andere merken so gut wie gar nichts“, weiß der Reiseleiter. Dies habe übrigens relativ wenig mit dem Fitnesszustand zu tun. Er empfiehlt deshalb, eine Radfahrt nicht gleich am ersten Tag in Cusco zu buchen, sondern dem Körper ein bisschen Zeit für eine Anpassung zu lassen – es sei denn, man hat sich unmittelbar davor schon in ähnlichen Höhen aufgehalten und dies gut verkraftet. Wer an seiner körperlichen Tauglichkeit für Sport in Höhenlagen zweifelt, sollte seinen Arzt befragen. Ausreichend Schlaf, ein gutes Frühstück, viel Trinkwasser, Kokatee oder Kokabonbons schaffen gute Voraussetzungen für den Ausflug. Süßigkeiten, besonders Schokolade mit hohem Kakaoanteil, helfen dem Körper ebenfalls, mit den Höhenverhältnissen besser zurechtzukommen.

Eine Tour sollte man mindestens sechs Tage im Voraus buchen. „Das ermöglicht es uns, den Ausflug gut vorzubereiten und auf etwaige Sonderwünsche einzugehen“, erklärt Steffen Kiesling. Bei Gruppen mit mehr als sieben Personen ist ein Vorlauf von mindestens zwei Wochen angebracht. Bisher sei es aber immer gelungen, auch kurzfristige Wünsche zu erfüllen. Für ganz Spontane gibt es zudem die Möglichkeit, sich einer bestehenden Gruppe anzuschließen. Wer alleine oder zu zweit unterwegs ist, sollte so früh wie möglich die Agentur kontaktieren, sodass diese eine größere Gruppe – und damit einen niedrigeren Preis pro Teilnehmer – zusammenstellen kann, indem sie das Tourdatum auf der Internetseite ankündigt oder über andere Veranstalter in Cusco bekannt macht.

Radlerszene in Peru noch klein

Nach Ansicht von Kiesling sind der Radsport und der Radtourismus in Peru noch in den Anfängen. „Es gibt eine kleine, eingeschworene Gemeinschaft von Radbegeisterten, die hierzulande so gut wie keine Unterstützung vom Staat oder großen Sponsoren erfahren und deshalb auf sich allein gestellt sind. Die Frauen haben es dabei besonders schwer, weshalb Tasting The Road dieses Jahr als Sponsor für eine der talentiertesten Downhill-Bikerinnen Perus eingestiegen ist. Estela Acurio wurde dann im Juli auch prompt Landesmeisterin, was uns natürlich sehr gefreut und in der Idee bestärkt hat, junge Radsporttalente zu fördern.“ Downhill-Biking sei in Cusco unter den Einheimischen ziemlich beliebt, Straßenradsport werde lediglich von einer Handvoll Enthusiasten betrieben. Andere Sparten wie Cross Country oder BMX sind über ihren Zenit und werden heutzutage nicht mehr von so vielen Leuten ausgeübt.

Fürs eigene Unternehmen haben Maria Coello und Steffen Kiesling weitergehende Pläne und Träume: Zum Beispiel ihr Büro und ihre Werkstatt um einen Fahrradladen mit Fahrradvermietung zu ergänzen. Gern würden sie darüber hinaus mehrere „Radstationen" über Peru verteilt betreiben – in allen Gegenden, wo man schöne Landschaften radelnd entdecken kann. Ihnen schweben dabei die Gegend rund um den Titicacasee, der noch relativ wenig touristische Norden Perus und die Küstengebiete vor. Eine andere Idee ist, die Programme auf komplette Radurlaube und auch Trainingslager für Radsportgruppen zu erweitern. Einer ihrer jüngsten Einfälle sind "Ladies only"-Touren: Die wird Maria Coello als bisher einzige weibliche Radtourführerin in Peru leiten. 

Über den Autor

Richard Meier - Freier Mitarbeiter

Richard Meier - Freier Mitarbeiter

Bei Peru-Vision schreibt er zu Industrie- und Infrastrukturthemen.

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